Der Stabij ist trotz der kleinen Population, glücklicherweise eine relativ gesunde Rasse. Die NVSW und die Züchter tun alles um dies auch aufrechtzuerhalten. Dennoch tauchen bestimmte Erkrankungen mit mehr oder weniger grosser Regelmässigkeit immer wieder auf. Die Zuchtbestimmungen / das Zuchtreglement der NVSW ist darauf ausgerichtet um das Risiko dieser Erkrankungen möglichst gering zu halten. Dies ist aber leider nicht so einfach, denn die Ursache ist nicht immer deutlich und auch nicht immer vererblich. Auch darf man beim Stabij nicht zu viele Hunde von der Zucht ausschliessen, denn dadurch würde man Erbmaterial verlieren. Dies würde einen höheren Innzuchtkoeffizient zur Folge haben, und dies kann wiederum zu erhöhten vererbbaren Gesundheitsproblemen führen. Nachfolgend stehen die Probleme die beim Stabij bekannt sind kurz beschrieben, wie oft sie in der Population auftreten und was die NVSW unternimmt.
Hüftdysplasie HD
HD ist eine Entwicklungsstörung der Hüftgelenke, verursacht durch sowohl erbliche Faktoren als auch Umweltfaktoren. Symptome sind Mühe beim Aufstehen und Lahmheit auf der Hinterhand. HD kann durch röntgen der Hüftgelenke festgestellt werden. HD-A ist das Beste, HD-E das Schlechteste.
für mehr Infos über HD siehe hier: http://www.tierchirurgie.ch/site/index.cfm?id_art=82645&actMenuItemID=37392&vsprache/DE/Die_Hueftgelenksdysplasie__HD.cfm
WIE OFT KOMMT HD VOR: ca 3-4x jährlich wird radiologisch HD-D festgestellt, klinische Beschwerden werden dabei jedoch selten gemeldet. HD-E wurde in den vergangenen 10 Jahren einmal festgestellt.
DIE ZUCHTBESTIMMUNGEN DER NVSW: HD-Untersuchung ist Pflicht. Gezüchtet werden darf mit HD-A, HD-B und HD-C, wobei C ausschliesslich mit A oder B kombiniert werden darf. Mit HD-D und HD-E darf nicht gezüchtet werden.
Ellenbogendysplasie ED
Ellenbogendysplasie ist der Oberbegriff für 3 Arten von Entwicklungsstörungen am Ellenbogengelenk verursacht durch sowohl erbliche als auch Umweltfaktoren. Erkrankte Hunde zeigen Lahmheit auf den Vorderbeinen. ED kann durch röntgen festgestellt werden.
für mehr Infos über ED siehe hier: http://www.tierchirurgie.ch/site/index.cfm?id_art=82772&actMenuItemID=37393&vsprache/DE/Ellbogendysplasie__eine_vere.cfm
WIE OFT KOMMT ES VOR: 3-4x jährlich wird ED bei einem Stabij gemeldet, die Hunde lahmen und müssen sehr oft operiert werden. Wenn der Eingriff frühzeitig erfolgt, ist die Prognose gut.
DIE ZUCHTBESTIMMUNGEN DER NVSW: die ED-Untersuchung ist nicht verpflichtet. Mit erkrankten Hunden und bestätigten Trägern
(= Hunde, bei denen ED in 2 verschiedenen Würfen aufgetreten ist) darf nicht gezüchtet werden. Direkte Familienmitglieder eines erkrankten Hundes dürfen nicht mit Hunden kombiniert werden, bei denen direkte Familienmitglieder erkrankt sind.
Epilepsie
Bei der Epilepsie tritt plötzlich eine Störung im Gehirn auf, wodurch der Hund die Kontrolle über einen Teil seiner Körperfunktionen verliert. Er fällt um, kriegt heftige Muskelkrämpfe, kann aus dem Maul schäumen und seinen Urin und Kot verlieren. Es gibt jedoch auch mildere Äusserungsformen. Epilepsie kann zum einen erblich sein (primäre Epilepsie), zum anderen durch ein körperliches Leiden oder eine Krankheit ausgelöst werden (sekundäre Epilepsie). Die erbliche Form zeigt sich beim Stabij meist im Alter von ca 2 Jahren.
für mehr Infos über Epilepsie siehe hier: http://www.kleintiermedizin.ch/pdf/hund/artikel/2010_3_HM_Epilepsie.pdf
WIE OFT KOMMT ES VOR: Im Schnitt werden jährlich 4 Fälle gemeldet. Bevor die Zuchtbestimmungen darauf ausgerichtet wurden, kam Epilepsie öfters vor.
ZUCHTBESTIMMUNGEN: Vorbeugende Untersuchungen nach möglichen Trägern gibt es leider nicht. Mit erkrankten Hunden und bestätigten Trägern (= Hunde, bei denen Epilepsie in 2 verschiedenen Würfen aufgetreten ist) darf nicht gezüchtet werden. Direkte Familienmitglieder eines erkrankten Hundes dürfen nicht mit Hunden kombiniert werden, bei denen direkte Familienmitglieder erkrankt sind.
Persistierender Ductus arteriosus Botalli (PDA)
Der Ductus Botalli stellt im vorgeburtlichen Blutkreislauf eine Verbindung zwischen Hauptschlagader (Aorta) und Lungenarterie (Pulmonalarterie) her. Kurz nach der Geburt (Stunden bis Tage) müsste sich der Ductus schliessen. Wenn sich der Ductus nicht schliesst, spricht man von einem persistierenden Ductus arteriosus Botalli (PDA). PDA stellt also genaugenommen ein Gefässproblem dar, welches sich jedoch auf die Herz-Kreislauf-Funktion auswirkt. Nicht behandelt stirbt der Patient letztendlich an Herzversagen. Bei frühzeitigem operativem Eingriff ist die Prognose ausgezeichnet. PDA kann durch Abhören des Herzens schon im Alter von 6/7Wochen festgestellt werden.
für mehr Infos über PDA siehe hier: http://www.tierkardiologie.lmu.de/besitzer/pda.html
WIE OFT KOMMT ES VOR: PDA wird jährlich in 2-3 Würfen diagnostiziert. Tendenz leicht steigend dies Grund genug um hier extra Nachforschungen zu machen (lassen)
DIE ZUCHTBESTIMMUNGEN DER NVSW: Vorbeugende Untersuchungen nach möglichen Trägern gibt es leider nicht. Mit erkrankten Hunden und bestätigten Trägern (= Hunde, bei denen Epilepsie in 2 verschiedenen Würfen aufgetreten ist) darf nicht gezüchtet werden. Direkte Familienmitglieder eines erkrankten Hundes dürfen nicht mit Hunden kombiniert werden, bei denen direkte Familienmitglieder erkrankt sind.
Neurologische Abweichungen
Ein relativ neues Problem, bei dem man noch nicht weiss wo die Ursache liegt. Man geht von einem vererbbaren neurologischen Problem aus. Im Alter von ca 6 Wochen zeigt der Welpe abweichendes und zwanghaftes Verhalten: stetige Wiederholung derselben Bewegung wie sich um die eigene Achse drehen, rückwärts oder hin und her gehen. Erkrankte Welpen haben übermässigen Bewegungsdrang, essen schlecht, nehmen stark ab und sterben innert wenigen Monaten.
WIE OFT KOMMT ES VOR: Es ist bislang in 5 Würfen aufgetreten.
DIE ZUCHTBESTIMMUNGEN DER NVSW: da man noch nicht weiss, was es genau ist und/oder wie es vererbt wird, gelten hinsichtlich der Familienmitglieder der erkrankten Hunde, genauso wie bei anderen Erkrankungen, strengere Zuchteinschränkungen. Es wird in Zusammenarbeit mit der Universität Utrecht nach der Ursache geforscht.
Von Willebrand Disease (VWD)
VWD ist eine erbliche Blutgerinnungsstörung. Die Krankheit äussert sich vor allem durch Nasenbluten, Blutungen der Mundschleimhaut, längere und/oder heftigere Läufigkeit. Auch kann Blut in Urin und Kot gefunden werden. Diese Blutungen können augenscheinlich spontan auftreten, oder sich durch Nachblutungen bei Geburt, Verletzung oder Operation äussern.
Blutgerinnung ist ein komplexer Prozess bei dem viele Faktoren zusammenstimmen müssen, um eine beschädigte Gefässwand abzudichten. Einer der Gerinnungsfaktoren ist der Von Willebrand Faktor (vWF), der im Blutgerinnungsprozess eine Art Leimfunktion erfüllt und verschiedene andere Blutgerinnungsfaktoren aneinander und an die Gefässwand haftet. Daneben fungiert der vWF auch als Träger- und Schutzprotein für den Gerinnungsfaktor VIII.
Bei VWD wird vom Körper weniger oder eine schlechtere Qualität des von Willebrand Faktors erzeugt. VWD kommt bei mehr als 50 Hunderassen vor und ist auch bei Katzen und uns Menschen festgestellt worden. Diese Erkrankung tritt in verschiedenen Formen auf:
- Typ I:
Dies ist die mildeste und die am häufigsten vorkommende Form, wobei eine verminderte Erzeugung des vWF auftritt. Die Blutungszeit ist normal oder etwas länger als normal. Kommt u.a. vor beim Stabijhoun, Dobermann, Berner Sennenhund, Pudel etc.
- Typ II:
Der Körper produziert eine abweichende Struktur des vWF. Kommt vor bei Deutsch-Drahthaar und dem deutschen Schäferhund
- Typ III:
Es wird kein vWF erzeugt. Kommt vor beim Scottish Terrier, Sheltie und Kooiker.
Vererbung:
- "Freie" Hunde haben 2 gesunde Allele, der Defekt wird nicht weitervererbt.
- "Träger" haben ein gesundes und ein defektes Allel, das mutante Allel wird an ca die Hälfte der Nachkommen weitergegeben.
- "Betroffene" Hunde haben 2 defekte Allele, sie geben das defekte Allel an all ihre Nachkommen der nächsten Generation weiter.
Verborgener Defekt
VWD Typ I ist eine Erkrankung die vollkommen verborgen und unbemerkt bleiben kann. Ein genetisch betroffener Hund produziert zwar schon vWF, aber nur 10-20% von dem was ein genetisch freier Hund erzeugt. Normalerweise ist dies genug um kleinere Verletzungen und Operationen ohne Probleme zu überstehen. Aber unter bestimmten Umständen kann die Produktion des vWF so tief fallen, dass ein Blutgerinnungsproblem auftreten kann, an dem der Hund sterben könnte. In den meisten Fällen merkt man jedoch nichts oder der Unterschied ist so klein, dass es nicht auffällt. Oft können Blutungen auch zu anderen Ursachen gewiesen werden. Bei einem Hund der angefahren wurde und an inneren Blutungen stirbt, wird z.B. nicht automatisch an eine Blutgerinnungserkrankung gedacht, obschon es gut möglich wäre, dass ein Hund ohne VWD dasselbe Unglück überlebt hätte. In der Praxis werden Blutungen als Folge von VWD Typ I selten erkannt. Träger und betroffene Hunde bleiben also ohne DNA-Test unbemerkt. So konnte sich das defekte Gen unbemerkt in der Stabij-Population ausbreiten.
Zusätzliche Risikofaktoren
Das Erzeugen von Blutgerinnungsfaktoren schwankt bei jedem Hund, und diverse Sachen haben einen negativen Einfluss darauf:
-Krebs/Tumore
-Schilddrüsenabweichungen
-virale Infektionen und Impfungen mit lebenden Viren
-Diabetes
-Leber- und Milzerkrankungen
-Oestrogene (Trächtigkeitsabbruch)
-diverse Penicilline
-Corticoide wie Prednison
-Nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID) wie Metacam und Rimadyl (müssen bei betroffenen Hunden vermieden werden)
Vor allem eine Anhäufung einer oder mehrerer der obenstehenden Sachen erhöht bei betroffenen Hunden das Risiko eines Blutgerinnungsproblems, sicher in Kombination mit Operationen oder Verletzungen.
Behandlung
VWD selbst kann nicht geheilt werden. Bei Gerinnungsproblemen sind folgende Massnahmen und Medikamente möglich:
-veröden der Wunde
-abbinden / abklemmen der Wunde
-verabreichen von DDAVP (setzt den in den Gefässwänden gespeicherte vWF frei)
-Antifibrinolytika bei Schleimhautblutungen
-verabreichen von Gerinnungsfaktoren
- in ernsten Fällen kann eine Bluttransfusion notwendig sein
Bei geplanten Eingriffen ist es empfehlenswert im Voraus den vWF bestimmen zu lassen und die Blutungszeit zu testen (buccal mucosal bleedingtime test -> BMBT)
Von Willebrands Disease beim Stabij
2007 wurde beim Stabij zum ersten Mal VWD Typ I festgestellt, aber die Mutation muss bereits seit Generationen in der Rasse vorhanden sein.
Von allen bis heute getesteten Stabijs sind 20% VWD frei, 58% Träger en 22% betroffen (Zahlen von Oktober 2011, getestet 142 Hunde). Obwohl die Prävalenz sehr hoch ist, ist VWD zurzeit keine Gefahr für die Stabijpopulation. Sterbeziffern sind nicht vorhanden, weil die Anzahl der getesteten Hunde noch ziemlich klein ist und man mit der Erkrankung noch zu wenig bekannt ist. Es wird vermutet, dass bei VWD-betroffenen Hunden die Anzahl Sterbefälle, bei denen Blutungen mit im Spiel sind, grösser ist, als bei Hunden die VWD-frei oder Träger sind. Um dies in Ziffern ausdrücken zu können, müssen noch mehr Hunde getestet werden und deren Gesundheitszustand über längere Zeit verfolgt werden.
Zuchtstrategien
Mit dem DNA-Test ist es theoretisch möglich um VWD in absehbarer Zeit auszumerzen, hierbei aber lauert die Gefahr einer starken Auslese. Wenn man zu viele Hunde von der Zucht ausschliesst entstehen unwiderruflich andere Probleme: eine kleinere Zuchtbasis würde einen Verlust der Gen-Diversität und mehr Inzucht bedeuten, was letztendlich einen Verlust von Vitalität und Fertilität der gesamten Rasse zur Folge hätte. Bei einer kleinen Population kann man eine starke Selektion einfach nicht zulassen, was zum Glück bei VWD Typ I auch nicht notwendig ist.
Welche Hunde müssen ausgeschlossen werden? - Gar keine. Mit Hilfe des DNA Tests kann man ohne Risiko auf die Nachkommen mit sowohl betroffenen Hunden als auch mit Trägern züchten. Betroffene Hunde kann man an freie koppeln, woraus Träger geboren werden. Wenn man einen Träger mit einem freien Hund kombiniert, wird die eine Hälfte der geborenen Welpen frei und die andere Hälfte Träger sein. Träger können die Mutation zwar weiter vererben, laufen aber selbst kaum Gefahr auf Probleme.
Eine geschickte Kombination mit VWD als extra Kriterium wird beim Stabij auf diese Weise in der Praxis nicht immer möglich sein, da noch mit anderen Krankheiten (HD, ED, Epilepsie, PDA) Rechnung getragen werden muss. Im Weiteren sollen auch Charaktereigenschaften und äusserliche Merkmale mitgenommen werden. Will man alle Kriterien erfüllen, stellt sich schnell heraus, dass sich für manch eine Hündin zum gegebenen Zeitpunkt kein Rüde optimal eignet. Was dann? Ziel sollte sein um möglichst wenig VWD-betroffene Hunde zu züchten, und wo möglich die Anzahl der freien Hunde zu vergrössern und diese in der Zucht einzusetzen. Dies alles ohne den Genpool durch Zuchtausschluss zu verkleinern.
Hier noch ein Link über VWD: http://dp-zucht.schoepe-pinscher.de/protokolle_zt/2007/vortrag_%20vwd_dp_neu2.pdf
Quelle: NVSW